Ist EDI noch zeitgemäß?

Beschäftigt man sich mit dem Thema EDI stößt man schnell auf die Tatsache, dass das Konzept des dokumentenbasierenden Austausches von Daten aus den 70er Jahren stammt. An dem grundlegenden Konzept hat sich bis heute nichts geändert: eine Bestellung in maschinenlesbarer Form wird an den Lieferanten gesendet, als Antwort werden je nach Anwendungsfall Auftragsbestätigung, Lieferaviso, Lieferschein und Rechnung zurückgesendet. Lediglich die Protokolle und Datenformate sind etwas ‘moderner’ geworden. Kamen früher DFÜ-Modems und kryptische EDIFACT Nachrichten zum Einsatz läuft heute die Datenübertragung über das Internet und die Datenformate sind XML basiert, aber auch EDIFACT in Versionen aus den 90er Jahren sind noch stark verbreitet.

Ein bisschen antiquiert – oder?

Mit APIs wäre doch eine viel tiefer gehende Integration von Geschäftspartnern möglich. Zum Beispiel könnten Preise und Lieferzeiten von Produkten direkt abgefragt werden. Anschließend wird die Bestellung gesendet, mit unmittelbarer Bestätigung der Lieferfrist. Warum also diese steinzeitliche asynchrone ‘Integration’ von Geschäftspartnern?

  1. Verbreitung

Insbesondere größere Unternehmen haben über Jahrzehnte in EDI-Software investiert, aus diesem Grund findet man selten ein ‚Green Field‘ vor, auf dem die Automatisierung von unternehmensübergreifenden Geschäftsprozessen von Grund auf neu gedacht werden könnte – braucht es doch für eine funktionierende Implementierung solcher Prozesse immer auch eine ausreichende Anzahl von Partnern, die ebenfalls gewillt sind zu investieren und Neuland zu betreten.

  1. ERP-Systeme unterstützen noch nicht so häufig APIs

Natürlich muss ein ERP-System nicht unbedingt nativ APIs unterstützen, mit API-Management lässt sich die Unterstützung bei vielen Systemen nachrüsten. Aber die fehlende Offenheit von (Legacy-)ERP-Systemen stellt auf jeden Fall eine zusätzliche Hürde für die Einführung von APIs getriebenen Supply Chains dar.

  1. Tiefe Integration hat auch Nachteile für den Lieferanten

Wenn ein Supplier sein ‚System öffnet‘ dann kann es zu ungewollter Transparenz kommen. Lagerstände, Lieferzeiten etc. werden für den Kunden sofort sichtbar. Wenn Bestellungen sofort vollautomatisch bestätigt werden, kann nicht mehr eingegriffen werden um Waren zugunsten eines anderen (lukrativeren) Kunden zurückzuhalten.

  1. Standardisiert

Das Austausch-Format für die Daten muss nicht erst definiert und über mehrere Iterationen ‚ausgehandelt‘ werden. Es gibt eine überschaubare Anzahl von Formaten. Die Partner einigen sich auf ein Format und definieren dann nur noch wenige Details bei der Belegung von Feldern.

  1. Relativ einfach zu implementieren

Sowohl die zumeist eingesetzten Protokolle (SFTP, HTTPS, AS2, E-Mail, etc.) als auch die Datenformate (XML, EDIFACT, CSV) sind nicht gerade in der Kategorie ‚Rocket Sciences‘ angesiedelt, was die Implementierung nicht unnötig verkompliziert. Nichtsdestotrotz kann die Implementierung von EDI für kleinere Unternehmen, die kein darauf spezialisiertes Personal haben zur Herausforderung werden.

  1. Robust

Durch die bewährte Technik – siehe oben – sind EDI-Lösungen meist robust und relativ einfach zu betreiben.

  1. Sicherheit

Die meisten CISO werden wohl bei der Idee das ERP-System des Unternehmens über ein API ‚von außen‘ erreichbar zu machen mit ‚Nein‘ antworten. Der asynchrone, dokumentenbasierte Datenaustausch bei EDI hingegen ist verhältnismäßig einfach abzusichern.

  1. Als Lieferant hast du keine Wahl

Auf der Lieferantenseite stellt sich zumeist gar nicht die Frage, ob EDI gemacht werden soll. Wichtige Kunden werden die Implementierung von EDI schlicht zur Bedingung für die Geschäftsbeziehung machen und jede Diskussion über Alternativen nicht führen. Andererseits hat man als Lieferant die Möglichkeit sich vom Mitbewerb abzuheben, wenn innovative Integrationsmöglichkeiten angeboten werden.

  1. EDI erfüllt den Zweck

Die Ziele der Automatisierung von Geschäftsprozessen sind meist:

  • Effizienzsteigerung
  • Geschwindigkeit und Skalierbarkeit
  • Fehlerreduktion
  • Datenanalyse und Erkenntnisgewinnung
  • Kundenzufriedenheit
  • Compliance und Standardisierung

Diese Ziele können mit EDI weitgehend erreicht werden.

Fazit

Trotz neuer Technologien bleibt EDI ein zentraler Bestandteil vieler Geschäftsprozesse. Es bietet Standardisierung, einfache Implementierung, Robustheit und Sicherheit. Die Unterstützung von APIs durch ERP-Systeme ist noch begrenzt und eine tiefere Integration kann für den Lieferanten Nachteile wie zu hohe Transparenz mit sich bringen. EDI erfüllt nach wie vor die Hauptziele der Geschäftsprozessautomatisierung effizient und zuverlässig. Daher ist EDI trotz neuer Technologien und Methoden immer noch zeitgemäß und relevant. Aber wie bei jeder Technologie ist, es wichtig, die Vorteile und Nachteile abzuwägen und kontinuierlich nach Verbesserungen und Alternativen zu suchen.

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